Look at the Man with the Camera

Ein Versuch aus den 1980er-Jahren

Christoph Freyer, Look At The Man With The Camera, © 1989

Der digitale Bildraum

Die Foto/Computer/Videoarbeit „Look at the Man with the Camera” steht exemplarisch für mein Interesse neue Medien auszuprobieren. Die Beschäftigung mit dem Medium der Fotografie führte mich Ende der 1980er-Jahre auch in den digitalen Bildraum. Die Begeisterung dafür ließ mich deren damalige Möglichkeiten ausloten.

Daraus entstand die bewusst rohe Verarbeitung – das Sichtbarmachen der digitalen Texturen, der Spuren, die durch das Digitalisieren entstehen. Das Digitale stand natürlich auch als Zeichen der Modernität.

Qualitätsverlust eingeplant

Die damals noch analog aufgenommenen Fotos werden durch die noch in den Kinderschuhen steckenden Consumerelectronics ihrer Bildqualität beraubt.
Für diese Videosequenz scannte ich ein analog aufgenommenes Foto ein. Die Artefakte in den Schattierungen zeigen die damals noch unzureichende Auflösung beim Scannen. Bei der so entstandenen Bilddatei konnte ich am Computer das Motiv freistellen und den Hintergrund durch einen neuen, in einem Grafikprogramm gezeichneten, ersetzen.

Der Mann mit der Kamera

Das Motiv, die Person, die beim Filmen mit einer Kamera in der Hand zu sehen ist, führte auch zu dem Titel, der an den berühmten Regisseur der 1920er-Jahre – Dziga Vertov – erinnert. Der Originaltitel aus dem Jahr 1929 lautet „Человек с киноаппаратом” (Der Mann mit der Kamera). Als Anspielung habe ich den Titel „Look at the Man with the Camera” gewählt.

Bewegung, Geschwindigkeit und optische Täuschung

Das Bewegtbild führt zur Auseinandersetzung mit der Geschwindigkeit, die durch die Beschleunigung der Loops und die Verkürzung der Zwischentitel nochmals gesteigert wird. Zusätzlich erfolgt ein schneller Wechsel zwischen Bild und Schrift, der eine optische Täuschung – den Eindruck einer Überblendung – hervorruft. Diese Gleichzeitigkeit findet physisch nicht statt. Der Schriftzug „Look at the Man with the Camera” wird so zum verkürzten „Look Man Camera”.

Durch das Abfilmen mit einer Videokamera vom Computermonitor entstehen Artefakte – die bekannten diagonalen Streifen, die durch die unterschiedlichen Bildwiederholraten hervorgerufen werden. Das Aussehen war einerseits meinen damaligen Möglichkeiten geschuldet, aber entsprach andererseits der von mir erwünschten, anfangs erwähnten Vergröberung und Sichtbarmachung der digitalen Textur.

Verwendetes Equipment

Analog: Canon AT-1, Ilford FP4
Computer: Atari 520ST+, Creator und Artcraft
Video VHS: JVC Leihkamera und Sony UX Cassette

Dieses Thema steht an der Schnittstelle zwischen analoger Fotografie, Computerkunst und Video. Es war ein Versuch sich diesen Themen zu nähern, ein Rückblick auf meine digitalen Gestaltungsversuche der 1980er-Jahre. Eine Zeit des Ausprobierens und der Beginn meiner praktischen und theoretischen Beschäftigung mit der Fotografie.
Siehe auch meine Instagram-Seite

Ein Gedanke zu „Look at the Man with the Camera“

  1. Wow, Christoph! Was für ein erfrischender Rückblick in die 1980er-Jahre! Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie Pioniere wie du die damals neuen digitalen Medien erkundet und deren Möglichkeiten ausgelotet haben. In einer Zeit, in der heute Instagram & Co. alles dominieren, bringt uns dein Beitrag zurück zu den Wurzeln der digitalen Bildkunst.

    Das bewusst rohe, digitale Gefühl, die sichtbaren Texturen und Spuren des Digitalisierens – alles das vermittelt ein echtes Retro-Gefühl, das zugleich einen so starken Charme hat. In einer Zeit, in der "Pixel-Perfektion" so sehr angestrebt wird, erinnert uns deine Arbeit daran, dass es immer um den künstlerischen Ausdruck geht, nicht nur um die technische Brillanz.

    Der Bezug zu Dziga Vertovs „Der Mann mit der Kamera” und die kreative Adaption in deinem Titel „Look at the Man with the Camera” ist genial. Es ist beeindruckend, wie du sowohl das Bewegtbild als auch die Geschwindigkeit und optische Täuschung eingesetzt hast, um dem Betrachter eine ganz besondere visuelle Erfahrung zu bieten.

    Und ehrlich gesagt, das Equipment, das du aufgezählt hast, weckt bei mir echte Nostalgiegefühle. Wer erinnert sich nicht an die Tage des Atari 520ST+ oder der JVC Videokameras?

    Dein Beitrag zeigt, dass Marketing und Fotografie immer Hand in Hand gehen, besonders in einer sich ständig verändernden digitalen Welt. Für uns als Online-Marketing-Agentur ist es essentiell, sich an solch kreativen Meilensteinen zu orientieren und zu lernen, wie Kunst und Technologie harmonieren können.

    Ich werde mir auf jeden Fall deine Instagram-Seite anschauen. Danke für diesen erfrischenden und inspirierenden Beitrag, Christoph! Hier sieht man wieder, dass wahre Kunst zeitlos ist.

    Herzliche Grüße,

    Šukri

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